Stoppt die E-card (elektronische Gesundheitskarte)

von Dr. Sijben/ Dr. Silke Lüder9.Nov.2011
Liebe Patienten/innen,

die Krankenkassen fordern jetzt Paßbilder von Patienten an um die neue E-Card herauszugeben.

Wer prüft die Identität?

Sie sind dazu nicht verpflichtet!
Sie verlieren auch nicht den Versicherungsschutz.
Verwenden Sie weiterhin Ihre alte Karte sofern das Gültigkeitsdatum nicht überschritten ist.

Vorbereitet werden soll für die Zukunft die zentrale Datenspeicherung.

Wer könnte Ihre Daten bekommen?

123.000 Ärzte und ihre Mitarbeiter
65.000 Zahnärzte und ihre Mitarbeiter
21.000 Apotheken und ihre Mitarbeiter
ca. 150 Krankenkassen und ihre Mitarbeiter
2.000 Software Firmen und ihre Mitarbeiter
und weitere Med. Berufe

Wer hat Interesse an Ihren Daten?

Ihr Arbeitgeber?
Ihre Versicherung?
Ihr Nachbar?
Ihre Bank?
Das Versandhaus?
Gehören Sie als Kunde einer best. Zielgruppe an?

Es ist ein Irrglaube anzunehmen die Patientenakte würde auf dem Chip der Versicherungskarte gespeichert.
Die Datenskandale der letzten Zeit zeigen wie löcherig und überwindbar die Sichertheiten der Computersysteme/programme sind.

Wenn Sie von Ihrer Krankenkasse angeschrieben, schicken Sie der Krankenkasse unseren Musterbrief mit den kritischen
Fragen (siehe Musterbrief E-card unter Patienteninformation)

Wir Ärzte meinen:

Die Datenhoheit gehört zum Patienten.

Dr. Norbert Sijben


Siehe dazu auch den :

Redebeitrag von Dr. Silke Lüder
Demo „Freiheit statt Angst“ 2011

http://www.freie-aerzteschaft.de/content/articles/1021/1077/index.html?catid=1077&artid=110391&topid=1021&nosum=1

Liebe Freunde,

Der Überwachungswahn in unserer Gesellschaft macht auch nicht vor unseren intimsten Daten halt, den Krankheitsdaten.

Worum geht es?

In diesem Winter soll der digitale Transrapid namens elektronische Gesundheitskarte endlich Wirklichkeit werden.

Seit 2006 sollte sie jeder schon in seinem Portemonnaie haben. Eine Milliarde Euro wurden bereits dafür ausgegeben, aber auf das angebliche Wunderwerk warten wir immer noch. Ein Zauberkärtchen, dass das Gesundheitswesen revolutioniert und alles besser und billiger macht: Das versprach Ulla Schmidt 2006 – es folgte eine Galavorstellung aus der Reihe Pleiten, Pech und Pannen.

Alle Patientendaten sollten übers Internet geleitet, auf Internetservern in zentralen Patientenakten gespeichert, zwei Millionen „Teilnehmer am Gesundheitswesen“ jederzeit darauf zugreifen können. Rezepte sollten nur noch auf der Karte gespeichert werden, und durch die Notfalldaten auf dem kleinen Kärtchen jeder jederzeit im Notfall auf der Stelle gerettet werden können.

Angebliche Einsparungspotenziale in Milliardenhöhe pro Jahr standen als Ergebnis unter Phantasie-Kalkulationen. Daneben sollte die deutsche Wirtschaft von diesem „weltgrößten IT Projekt“ direkt aus der Steuer- und Krankenkassenschatulle profitieren.

Was kommt jetzt, Ende 2011? Eine Gesundheitskarte, die nur noch ein digitales Gerippe ist.

Selbst die Krankenkassen sind jetzt von dem Projekt nicht mehr überzeugt. Mit der Androhung von Millionenstrafen für die gesetzlichen Kassen soll es ab Oktober durchgesetzt werden. Es gab aufwändige Tests, in denen elektronisches -Rezept und die praktische Handhabung der Karte getestet wurden. Die Ergebnisse waren niederschmetternd. Nichts hat funktioniert. Die Abläufe in den Praxen verlangsamten sich, und das e-Rezept legte die Praxisarbeit lahm. Und: Patienten wie Ärzte hatten die 6-stelligen PIN-Nummern stets vergessen. Nicht mehr, sondern weniger Gesprächszeit beim Arzt war das Ergebnis.

Der „Notfalldatensatz“ auf der Versichertenkarte ist ein weiteres Beispiel für eine verlogene Argumentation. In allen Werbeumfragen der Industrie wird suggeriert: Wollen Sie im Notfall gerettet werden, weil ihre Blutgruppe auf ihrer Versichertenkarte steht?

Wer will da nein sagen?

Dabei ist auch der Industrie-Lobby bekannt, dass jeder im akuten Notfall erst mal eine Art Standardblutkonserve bekommt und im Krankenhaus die Blutgruppe jedes Mal neu getestet werden muss.

Durch das Foto auf der Karte solle der Missbrauch gestoppt werden. Nach den EU-Datenschutzrichtlinien müsste die Übereinstimmung von Foto und Versichertem geprüft werden. Das geschieht aber nicht. Wer es drauf anlegt, reicht einfach ein falsches Foto ein. Auch dieses Werbeargument ist also nur eine Fiktion.

Normalerweise sollten niederschmetternde Testergebnisse zur Einstelllung eines Mammutprojektes führen.

Aber hier geht es um zu viel sicheres Geld aus öffentlichen Kassen für die IT-Industrie, die offensichtlich gute Drähte nach Berlin hat: Sprach sich Gesundheitsminister Daniel Bahr vor der Wahl noch vehement gegen die Karte aus, setzt sein Ministerium nun die Industrieforderungen mit Nachdruck in Gesetzesregelungen um.

Und die weitergehenden Pläne der Totalvernetzung des Gesundheitswesens und der Speicherung aller Medizindaten in zentralen Serveranlagen sind nur vorläufig auf Eis gelegt worden. Sie werden im Hintergrund konsequent weiter verfolgt aber ohne dass die Öffentlichkeit davon Kenntnis hat.

Die Gesundheitswirtschaft wünscht, in den Besitz der Medizindaten zu kommen, das ist der tiefere Hintergrund der Weiterführung des schon im Vorwege gescheiterten e- Card Projektes.

Medizindaten sind wertvoll, Medizindaten werden gebraucht um Gesundheitskonzernen die Planung und Renditeerwirtschaftung für ihre Kapitalgesellschaften zu ermöglichen. Also geht das e- Card Projekt immer weiter, seit 2006.Trotz aller Widerstände von Ärzten, Patienten, und Bürgerrechtsorganisationen.

Bis zu 14 Milliarden Euro soll dieses Projekt kosten. Geld, das nutzlos verbrannt wird – und das anschließend da fehlt, wofür die Bürger es zahlen: In der Patientenversorgung.

Dieser gefährliche Unsinn gehört auf den Müllhaufen deutscher Gesundheitspolitik. Die Milliarden müssen dort eingesetzt werden, wo sie wirklich gebraucht werden. In der Finanzierung eines guten Gesundheitswesens für jeden Bürger, in Medizin auf hohem Niveau für die Menschen. 750 000 Bürger haben schon erklärt, dass sie sich weigern, die neue Karte zu nutzen. Der Deutsche Ärztetag hat seit Jahren das Projekt abgelehnt!

Gesundheit ist keine Ware, Medizindaten sind kein Geschäftsfeld. Und: Krankheitsdaten gehören nichts ins Internet. Niemand kann sie dort auf Dauer schützen. Vielen Dank!

Dr. med. Silke Lüder

Allgemeinärztin in Hamburg, Sprecherin der bundesweiten Aktion „ Stoppt-die-e-Card“ aus 53 Organisationen und Verbänden aus allen Bereichen der Gesellschaft

www.stoppt-die-e-card.de


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