Hausärzte und Wirtschaftlichkeit | |
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Das Praxisnetz Dormagen | 14.Oct.2002 |
Dr. med. H.U. Kortmann Arzt für Allgemeinmedizin Ulmenallee 2 B 41540 Dormagen
Hausärzte im Spannungsfeld zwischen Zwang zur Wirtschaftlichkeit und Versorgungsansprüchen ihrer Patienten Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt spielt sich in vielen Hausarztpraxen derzeit ein Szenario ab, das an Brisanz kaum zu überbieten ist. Wir erinnern uns: Die neue Gesundheitsministerin Frau Ulla Schmid schaffte als erste politische Großtat die sogenannte Globalhaftung der Ärzteschaft bei Überschreitung des Arzneimittelbudgets ab. Dies geschah medienwirksam unter Beifall der Ärzteschaft und der gesamten Öffentlichkeit. Was aber verschwiegen wurde und auch heute in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist, ist die Tatsache, dass gleichzeitig eine Verschärfung des Individualbudgets für die einzelne Praxis eingeführt wurde. Dies bedeutet, jeder Arzt der Arzneimittel verordnet, bekommt ein Volumen für seine Patienten zugestanden. Überschreitet er dieses Volumen ( Richtgröße), so wird nach jetzt geltendem Recht ab einer 15% igen Überschreitung eine Wirtschaftlichkeitsprüfung eingeleitet. Wird dann unwirtschaftliche Verordnungsweise festgestellt, folgt ein Arzneimittelregress. Was unwirtschaftliche Verordnungsweise bedeutet, entscheidet ein Prüfungsausschuss, der sich aus Vertretern der Krankenkassen und Prüfärzten zusammensetzt. Diese Richtgrößenprüfungen laufen derzeit an und werden für die Jahre 1999 + 2000 durchgeführt. Da nicht alle Praxen gleiche Patientenstrukturen aufweisen, kann jeder Arzt zwar Praxisbesonderheiten geltend machen, die möglicherweise dann einen Regress verhindern. Gelingt der Nachweis von Praxisbesonderheiten jedoch nicht, so haftet der einzelne Arzt in unbegrenzter Höhe für die von ihm verordneten Arzneimittel. Da das Verordnungsvolumen, zumindestens der hausärztlich tätigen Allgemeinärzte und Internisten, meist ein mehrfaches ihres Praxisumsatzes ausmacht, kann die jetzt anstehende Anwendung des Gesetzes für viele Ärzte ruinös enden. Für den Patienten darf und soll diese Rechtslage keine Nachteile haben. Er muß alle notwendigen Medikamente in vollem Umfang weiter bekommen. Der Arzt hat die ethische und rechtliche Pflicht eine ausreichende Medikamentenversorgung sicherzustellen. Für den einzelnen Arzt besteht bei diesen Rahmenbedingungen die zwingende Notwendigkeit, seine Verordnungsweise auf Einsparpotenziale zu überprüfen. Teure Originalpräparate müssen unter Umständen durch gleichwirksame aber preisgünstigere Medikamente, sogenannte Generica , ersetzt werden. Medikamente mit zweifelhafter oder nicht sicher nachgewiesener Wirksamkeit können in Zukunft nicht mehr oder allenfalls auf Privatrezept verordnet werden. Bei einem stabilen Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt sollte es dennoch möglich sein, auch diese äußerst schwierige gesundheitspolitische Lage ohne wesentliche Nachteile für beide Seiten zu überstehen. | |